Im folgenden möchte ich anhand des Beispiels der Entstehung und Vermarktung von Margarine als ein vollkommen neues (künstliches) Produkt zeigen, wie in unserer durchindustrialiserten Welt Lebensmittel und Ernährung oft nur noch Spielbälle kapitalistischer Interessen sind.
Margarine geht in ihrer Erfindung bereits auf Napoleon III. zurück. Dieser suchte als Verpflegung für seine Armeen einen günstigeren und haltbareren Ersatz für Butter. Auch wenn dies für Napoleon III. wohl deutlich zu spät passierte, gelang dem Chemiker Hippolyte Mège-Mouriès im Jahr 1869 schließlich ein solches Produkt zu entwickeln: Ein Gemisch bestehend aus Milch, Wasser, Nierenfett und zerstoßenden Kuheutern. Margarine war also in den ersten Jahrzehnten ihrer Existenz ein (auch wenn abstoßendes) größtenteils natürliches Produkt.
Als der Chemiker Paul Sabatier in den 1890er Jahren mit seiner Erfindung die Hydrierung als Herstellungsprozess für das Härten von Fett erschloss, stiegen viele Margarinehersteller auf diese Verfahren um und so änderten sich auch die Zutaten. Durch weitere Prozesse wie den Einsatz von metallischen Katalysatoren, war es schließlich möglich Pflanzenöle für die Herstellung von Margarine zu nutzen. Auch wenn die Zutatenliste heutiger Margarine deutlich appetitlicher daher kommt, als zu der Zeit Mège-Mouriès, handelt sich hierbei nichtsdestotrotz um alles andere als ein natürliches oder gar gesundes Produkt.
Die folgende Tabelle zeigt die Herstellungsschritte für Margarine:
Prozessschritt | Ziel | Hilfs- und Zusatzstoffe |
---|---|---|
Pressen der Ölsaat | Extraktion des Pflanzenöls | zum Beispiel Sonnenblumenkerne, Baumwollsaat, Rapskerne |
Extraktion des Öls mit Lösungsmitteln | Entfernen von Trubstoffen, Farbstoffen, und Provitaminen | Hexan, Wasser |
Entschleimen | Änderung der Konsistenz | Phosphorsäure |
Entsäuern | Entfernen von Fettsäuren | Natronlauge |
Bleichen | Entfernen unerwünschter Farbstoffe | Bleicherde |
Filtern | Entfernen unerwünschter Bestandteile | |
Dämpfen | Entfernen unerwünschter Geschmacksstoffe | |
Vermischen | das entstandene geschmacklose und farblose Pflanzenöl wird mit Fetten, Farbstoffen und Geschmacksstoffen vermengt | Pflanzenfette, Vitamin E, Vitamin A, Vitamin D, Carotin, Salz, Milch |
Fetthärtung, Umesterung | Einstellen der Streichfestigkeit | Nickel, Wasserstoff |
Zum Vegleich: So sähe die selbe Tabelle für die Herstellung von Butter aus
Prozessschritt | Ziel | Hilfs- und Zusatzstoffe |
---|---|---|
Melken | Gewinnung der Milch | |
Schlagen der Milch zu Butter | Steifen der Milch | Butterfass |
In gewissen Zwischenschritten dieser Herstellungskette handelt es sich bei dem Vorprodukt der Margarine um ein trübes, graues, stinkendes Gemisch, welches durch gewisse Prozesse und Stoffe gefiltert, entschleimt und gebleicht werden muss. Das Endergebnis ist dann (durch Duft- und Geschmacksstoffe) wieder angenehmer in der Erscheinung, hat mit einem natürlichen Produkt aber rein gar nichts mehr zu tun.
An dieser Stelle muss noch der amerikanische Ernährungswissenschaftler Ancel Keys erwähnt werden, welcher in einer langen Wissenschaftskarriere so ziemlich jede Möglichkeit nutzte um persönlichen Erfolg zu erzielen. So trug er mit diversen manipulierten Studien dazu bei, dass gesättigte Fettsäuren fälschlicherweise mit koronalen Erkrankungen und Arteriosklerose in Verbindung gebracht wurden und auch heute noch werden. Ancel Keys befeuerte zusammen mit gleichgesinnten Kollegen einen Umschwung der Ernährung der westlichen Welt weg von gesättigten Fettsäuren in natürlichen Produkten wie Milch und Butter hin zu ungesättigten Fettsäuren in künstlichen Ersatzprodukten wie der Margarine. Dass sich in den darauf folgenden Jahrzehnten die genannten Erkrankungen zu unerreichten Höhen aufschwangen wird dabei häufig übersehen.
Wir haben also jetzt ein paar Faktoren zusammengesammelt: Wir haben ein wirtschaftliches Interesse, da mit Margarine nicht nur ein komplett neues Produkt und somit auch ein neuer Markt erschlossen wurde, sondern es sich dabei auch um eine günstigere Alternative zu dem bereits bestehenden Produkt Butter handelt. Wir haben eine Reihe von verklärten und in den falschen Kontext gerückten Studien und wissenschaftlichen Arbeiten, die als Basis für die Vermarktung dienen und einen immer weiter vorschreitenden Anstieg von Herzkrankheiten und Herzinfarkten, welche den (nichtsdestotrotz falschen) Thesen Druck verleihen.
Auch wenn der Anteil von trans-Fettsäuren in heutiger Margarine deutlich gesunken ist, sind sie nichtsdestotrotz noch immer enthalten. Außerdem verschlechtert Margarine wie alle Produkte mit pflanzlichen Ölen, das Omega-3 zu Omega-6 Verhältnis. Desweiteren sind in Margarine größere Mengen an LDL-Cholesterinpartikeln enthalten, die im Verdacht stehen zu Herzkreislauferkrankungen und Arteriosklerose beizutragen.
Abgesehen vom Preis gibt es also eigentlich nichts was dafür spricht Butter durch Margarine zu ersetzen. Dass man trotzdem in fast jedem deutschen Kühlschrank ein Paket Margarine finden kann dürfte also der Marketing- und Lobbyarbeit einer großen Industrie zu verdanken sein.